In einer Baugrube schuftet ein Arbeiter im Blaumann und zehn Kollegen schauen ihm teilnahmslos zu – ein Bild, das durchaus bekannt sein dürfte. „Irgendwann ist jeder von uns mal der Herbert“ scherzte Alexander Wunschel und übergab nach seiner Begrüßung als geschäftsführender Vorstand das Wort für die Laudatio an Prof. Dr. Erwin „Herbert“ Seitz. Als neuer Präsident übernimmt er eine Palette von Aufgaben und führte durch den spannenden Abend im Haus der Bayerischen Wirtschaft.
Da man nicht nur von anderen Menschen Innovationen fordern könne, habe sich die Jury für eine Neuerung in den eigenen Reihen entschieden. Sie vergab einen Sonderpreis an ein Unternehmen, welches in der Vergangenheit kaum im Marketing aktiv war, jetzt allerdings konsequent das gesamte Marketinginstrumentarium einsetzt. Prämiert wurde die Börse München. In einem schwierigen Marktumfeld, der Dominanz der Börse Frankfurt, und der schwer erklärbaren Dienstleistung eines solchen Unternehmens, habe die Börse München einen tollen Turnaround geschafft und mit hervorragenden Leistungen überzeugt – so die Jury.
Der Münchner Marketingpreis 2006 ging an ein Unternehmen aus der Touristikbranche, das sich durch seine exzellente Marketingstrategie auszeichnet hat. Es handelt sich nicht um einen klassischen „Big Player“, sondern um einen „Hidden Champion“, ein mittelständisches Unternehmen. Gewinner war Studiosus, der größte, deutsche Studienreiseveranstalter mit einem relativen Marktanteil von über 50%.
Dem Unternehmen gelang es, den durchschnittlichen Reisepreis pro Gast kontinuierlich anzuheben. Bezeichnend ist die Tatsache, dass dies nicht durch eine einfache Preiserhöhung, sondern mittels innovativer Produkte und Serviceleistungen erreicht wurde. Die Etablierung einer Premiummarke wird bei Studiosus nahezu „lehrbuchhaft“ verfolgt. So kommentierte ein Juror treffend: „Bei Studiosus findet man kein einziges Haar in der Suppe“.
Die Freude und auch ein bisschen Stolz waren Guido Wiegand, Managing Director beim Preisträger Studiosus, sichtlich anzumerken. Aber wie argumentiert man viermal so hohe Reisepreise im Vergleich zu einer klassischen Pauschalreise am Markt, wenn Konzerne wie beispielsweise Thomas Cook oder TUI durch Me-Too-Strategien in dieses Segment drängen? Statt Kosten- und Leistungsabbau, so Wiegand, setzt man im Unternehmen verstärkt auf Investitionen in Leistung und Qualität. Hinzu kommen vier zentrale Unternehmensstrategien: Sicherheit bei der Reise, nachhaltiges Wirtschaften, Qualität und Innovationen als Schlüssel zum Erfolg.
A propos Innovationen: Welcher Reiseveranstalter hat jemals zuvor eine Pauschalreise nach Mannheim angeboten? Studiosus bot ein ganz besonders Special an, bei dem es neben der Operndiva Anna Netrebko, auch ein ausführliches Rahmenprogramm gab. Im Magazin „Kultimer“ präsentiert Studiosus regelmäßig kulturelle Events mit Mehrwert und erwidert damit den Trend zu Zweitund Drittreisen. Dazu gehören auch politische Diskurse und philosophische Reisen, die neue Zielgruppen erschließen sollen. Innovative Produkte fordern eine neue Vermarktung, weswegen Studiosus beim „Kultimer“ zu einem außergewöhnlichen Format, Design und Direktmarketing greift. Eine klassische Marketingabteilung sucht man bei Studiosus übrigens vergeblich. „So viele Menschen in unserem Unternehmen machen Marketing“, vielleicht ist gerade dies das Erfolgsgeheimnis des Studienreiseveranstalters, so Guido Wiegand.
Den Abschluss der Verleihung des Münchner Marketingpreises 2006 übernahm Dr. Armin Schirmer. „Das einzig Beständige ist die Veränderung“, kommentierte Schirmer den Wechsel im Vorstand des MarketingClub München. Er richtete Dankesworte an den scheidenden Präsidenten Ulrich Clef und den Schatzmeister Wilfried Reiners. Clef, der die Geschicke des Clubs drei Jahre lenkte, verantwortete sowohl die Jubiläumsveranstaltung „50 Jahre MarketingClub München“, als auch die Vergabe des ersten Münchner Marketingpreises. Unter Reiners Regie wuchs der Mitgliederstamm um stolze 35%, auch das Vermögen konnte er vermehren. Ein weiterer Dank ging auch an die ehemaligen Beiräte Michael Bartholl, Frank Diederichs, Dr. Marcus Disselkamp und Andreas Kröninger.
Fotos: Julia Haeupler