Datum: 12.11.2014 / 19:30 - 21:00 Uhr
Referent: Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth
Moderation: Dietmar Turocha
Teilnehmer: Mitglieder
Ort / Anfahrt: Schweisfurth Stiftung, Südliches Schloßrondell 1, 80638 München

1954, mit neunzehn Jahren, nach frühem Tod des Vaters unternehmerische Verantwortung  übernehmen, aus einem Zwei-Personen-Unternehmen einen Weltmarktführer mit mehr als sechzigtausend Mitarbeitern und knapp zehn Milliarden Umsatz entwickeln, frühzeitig und planvoll den Führungs- und Generationenwechsel einleiten, nennenswerte gemeinnützige Stiftungen zur Förderung von Kunst, Kultur, Wissenschaft, Forschung, Erziehung und Bildung gründen…

Eine Unternehmerpersönlichkeit dieses Kalibers persönlich zu erleben, war auch für die Mitglieder und Gäste des Marketing-Club München ein besonderes Ereignis. Und so war der Vortragsraum der Schweisfurth Stiftung am Nymphenburger Schlossrondell am 12. November mit mehr als hundert Teilnehmern vollständig belegt: zum Unternehmergespräch mit Prof. Reinhold Würth.

In der Vorstellung der Unternehmensgruppe wurden von Prof. Würth die firmengeschichtlichen Meilensteine und Erfolgskennziffern genannt. Er verknüpfte die Fakten aber mit interessanten und unterhaltsamen persönlichen Erlebnissen und präsentierte uns ein daraus nachvollziehbares  fundiertes unternehmerisches Handlungsprofil. Marketing par excellence: im Mittelpunkt seines unternehmerischen Interesses, aber auch seiner persönlichen Begabung und Motivation, steht der Kunde mit seinen Interessen und Problemen, die Würth hilft, mit höchster Produktqualität, herausragenden Dienstleistungen und größter Kundennähe zu lösen. Auch nach Rückzug aus der aktiven Geschäftsführung 1994 und Übergabe des Beiratsvorsitzes 2006 an seine Tochter, Bettina Würth, ist er als Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrates gerne bei einem wichtigen Kunden oder zur Eröffnung einer weiteren der über 400 Niederlassungen in über 80 Ländern. Er freut sich immer noch, wenn dann im Anschluss ein großer Auftrag an Land gezogen wird und bezeichnet den Beruf des Verkäufers als schönsten der Welt. Fast die Hälfte der aktuell ca. 65.000 Mitarbeiter sind aktive Verkäufer im Außendienst und bieten kompetente Beratung eines Grohandelssortiments von weit über 100.000 Produkten. Dazu gehören neben Schrauben, Schraubenzubehör und Dübeln auch solche in High Tech Ausführung, z.B. Schwerlastanker, Werkzeuge, chemisch-technische Produkte der Montagetechnik, Elektroinstallationsmaterial, elektrische Bauteile und Produkte für Baumärkte sowie Finanzdienstleistungen. Würth entwickelt und konstruiert auch selbst, besitzt über 1000 Patente und fertigt einen 6- bis 7-prozentigen Eigenproduktanteil. Stolz ist der Unternehmer auch auf den 99 prozentigen Liefererfüllungsgrad und eine mögliche Verkürzung der Lieferzeiten auf bis zu zwei Stunden.

Das international einheitliche Branding mit einem unverwechselbaren Wort-Bildzeichen ist nicht nur das Symbol für ein leistungsstarkes Unternehmen, sondern auch für eine durch die Unternehmerpersönlichkeit geprägte und repräsentierte Firmen- und Führungskultur. Höchste Produkt- und Servicequalität, Innovationsstärke und absolute Kundenorientierung werden durch Förderung visionären Denkens, Einbeziehung aller Mitarbeiter in Ideenfindung und kreative Umsetzung erzeugt. Optimismus, hohe Eigenverantwortung und das Handeln in gegenseitigem Respekt sind gelebte Leitmotive von Würth. Über allem steht eine Unternehmenskultur, Leistung zu fordern und zu fördern. Kunstinteresse wird nicht nur durch umfangreiche Stiftungsaktivitäten bei Mitarbeitern und für die Öffentlichkeit gefördert, sondern auch durch besonders anspruchsvolle Architektur der Firmenstandorte und -gebäude. Ein schöner Arbeitsplatz wirkt auch leistungsfördernd, konstatiert Prof.Würth freundlich.

Überhaupt sind die gemeinnützigen Stiftungen in Kunst, Kultur, Erziehung und Bildung, Forschung sowie Wissenschaft legendär, aber sie schlagen sich auch in kleineren Projekten und Hilfen nieder. Von den insgesamt 13 Stiftungs-Museen weltweit hob Prof. Würth einige besonders interessante Kunst-Ausstellungen hervor. In allen Würth-Museen ist der Eintritt frei. Darüberhinaus gibt es z.B. im Kunstmuseum am Unternehmensstammsitz für Museeumsbesucher Zugang zum Betriebskasino. Besonders empfehlenswert sei, so Prof. Würth über einen echten Museums-Coup, der Besuch der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall. Dort ist, während Umbauarbeiten in Berlin, die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin bis 1. Mai 2015 mit einer umfangreichen Sammlung unter dem Titel „Moderne Zeiten“ zu Gast.

Nach einem in jedem Moment spannenden Vortrag, der freimütigen Beantwortung von einigen Fragen aus dem Plenum und begeistertem Applaus, musste Prof. Würth früher als gewollt zum Münchner Flughafen, da im Bereich General Aviation die Fahrwerkräder von Firmen- und Privatjets bis maximal 22 Uhr die Startbahn verlassen müssen. Und da allerdings will der 79-jährige, auch selbst pilotierende Unternehmer kein Risiko einer Verspätung eingehen. Er hat den Zielflughafen Schwäbisch Hall dann sicher erreicht und von dort seinen Zielort Künzelsau, zu dem gerade ein anderer berühmter Zeitgenosse nach 166 Tagen im All zurückehrt, der Astronaut Alexander Gerst.

Text: Dietmar Turocha


Fotos: Judith Häusler