Datum: 3.4.2014 / 19:30 - 21:00 Uhr
Referent: Michael Traub, Präsident und CEO BSH Home Appliances Nordamerika
Moderation: Dietmar Turocha
Teilnehmer: Mitglieder
Ort / Anfahrt: Schweisfurth Stiftung, Südliches Schloßrondell 1, 80638 München

Irvine, Kalifornien gehört nicht zu den unattraktiven Auslandsstandorten der deutschen weltweit operierenden BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, Europa-Marktführer und mit über 10 Mrd. Euro Umsatz drittgrößter Hausgerätehersteller der Welt. Als Michael Traub jedoch 2008 CEO für Nordamerika und Kanada wurde, erschütterte im Herbst des Jahres die Banken- und Immobilienkrise die Wirtschaft. Die so genannten Housings-Starts waren zwar schon vorher vom Höchstniveau des Jahres 2005 mit 2 Mio. p.a. auf unter 1 Mio. gefallen, erreichten aber 2008/09 einen Tiefststand von wenig über 0,5 Mio. p.a.

Der Vortrag von M. Traub machte jedoch deutlich, dass nicht nur externe Bedingungen für den Marketingerfolg der seit fast hundert Jahre alten, typisch amerikanischen Luxus-Hausgerätemarke Thermador verantwortlich sind, sondern ein tiefes Verständnis für die Marktmechanismen und signifikante kulturelle, ästhetische und Verhaltens-Unterschiede. Dies wurde sehr schnell klar, als verschiedene Kategorien von Premium- und Luxusküchen gezeigt wurden: Traditional, Transitional als Stil zwischen Traditional und European, Chateaux Style Ranges, die als Koch-, Grill- und Backofeneinheiten die Zweimeterbreite deutlich überschreiten können und auch den Preisbereich 14.000 $ plus, für die Einzeleinheit, wohlgemerkt. Dann geht es noch um großvolumige, mit allen Features ausgestattete Kühlmodule, die ebenfalls mehrere Meter in Anspruch nehmen können, mit besonderem Augenmerk auf durch Glastüren sichtbare Weinlagerung.

BSH hatte die Marke Thermador Ende der Neunziger übernommen und in der ersten Phase bis 2005 in das Marken- und Produkt-Portfolio integriert, vor allem durch eine neue Kühlmodule-Baureihe expandiert, aber auch die historisch gewachsene Distributionsstruktur verändert. In der zweiten Phase bis 2009 sorgte jedoch nicht nur der Marktrückgang für Probleme, sondern auch Mängel in Kundenservice, Produktqualität und zu geringe Differenzierung von der hauseigenen Hauptmarke Bosch.

Die Phase der Revitalization seit 2010 setzt daher konsequent auf einen umfassenden Relaunch des gesamten Marketing-Mix, der in einem direkt an den CEO berichtenden Gesamtteam Thermador gemanaged wird. Hauptstellhebel:

  • Stärkung von Produktqualität und Einführung von Innovationen, die im Segment der traditionellen Luxus-Hausgeräte eine echte Wettbewerbsüberlegenheit demonstrieren
  • Einführung eines VIP Service für Produkte und Installation der Geräte beim Kunden
  • Systematischer und regelmäßiger Wissens- und Erfahrungsaustausch mit einer Anzahl besonders qualifizierter Händler/Küchenstudios in einem organisierten Council, mit Multiplikator-Wirkung
  • Durchdringendes Verständnis der Markenwahl- und Kaufentscheidungsprozesse; systematische Marketing-Einbeziehung der wichtigen Empfehler- und (Mit-)Entscheiderinstanzen, Händler, Bauträger, Architekten und Innendesigner
  • Die entscheidende Rolle des Retailers/Küchenstudios wird gesichert durch signifikante Reduzierung des Händlernetzes. Für diese „Real Partners“ ist Profitabilität in ihrem Einzugsbereich sichergestellt.

In der Werbung für Konsumenten geht es um die gezielte Ansprache von Interessenten in der latenten oder definitiven Phase der Kaufentscheidung. Daher besonders bildhafter und übersichtlicher Web-Auftritt und Digital-Marketing. Eine Print-Werbekampagne in Newspapers und mit Schwerpunkt auf Special-Interest-Magazine, in denen auch schon einmal 16 seitige Anzeigenstrecken geschaltet werden, zur umfassenden Darstellung des Thermador Leistungsumfangs und im Sinne einer partiellen Dominanzstrategie.

Der wiedergewonnene Erfolg der Marke Thermador zeigt sich nicht nur in einer profitablen Umsatzentwicklung, die bei weitem das Volumen vor der Immobilienkrise übertrifft und 2013 und im ersten Quartal 2014 eine neue Bestmarke erreichte, sondern auch in nachhaltigen Imageverbesserungen auf Händler- und Verbraucherebene. Damit liefert der Referent ein rares Beispiel für den erfolgreichen Turnaround einer amerikanischen Luxusmarke innerhalb eines deutschen Unternehmens.

Das letzte Chart des Vortrages ist „One for the road“ überschrieben und fasst in amerikanischer Kürze die Imperative zusammen, die einfach klingen, aber deren wirklich konsequente Befolgung eine große Herausforderung darstellt, egal in welchem außerdeutschen Markt man sich bewegt. Aus dem Mund von Michael Traub jedenfalls klingen sie glaubwürdig:

  • Listen and understand
  • Don’t judge too quickly
  • Delegate responsibilty
  • Built local management team

Text und Bilder: Dietmar Turocha