Datum: 9.7.2008 / 19:30 - 21:00 Uhr
Referent: Martin Merchant, Bosch Powertools
Moderation: Norbert Gierlich
Teilnehmer: Mitglieder
Ort / Anfahrt: Rocco Forte The Charles Hotel, Sophienstr. 28, 80333 München

Knapp 100 Entscheider aus Marketing und Vertrieb folgten der Einladung des MC München ins Charles Hotel der Rocco Forte Gruppe und erlebten ein wahres Marketing-Meisterstück. Denn, wie Martin Merchant, Marketingverantwortlicher für Bosch Powertools, in seiner Präsentation aufzeigte, verwandelte sich der Bereich Bosch Elektrowerkzeuge in den Jahren 1993-2007 in einen marktorientierten Technologieführer, um seine Positionierung als Premiumanbieter im Segment der Elektrowerkzeuge zu verteidigen und auszubauen.

Für Bosch war die Welt in den neunziger Jahren noch in Ordnung, wie Hr. Merchant es ausdrückte, aber das sollte sich schlagartig ändern. Denn preisagressive Me-too Anbieter aus China drängten auf den Markt und versorgten Baumärkte und Discounter mit Elektrowerkzeugen für den Heimwerker zu Dumpingpreisen. Schwingschleifer für 8,99 DM und Akkuschrauber für 29,99 DM wurden damals großflächig beworben. Ein harter Schlag für Bosch, denn die Vergleichsprodukte aus dem eigenen Haus kosteten im Mittel 89,- DM. Als Folge brach der Absatz massiv ein und Bosch sah sich mit über 200 Wettbewerbern konfrontiert.

Das Management begab sich in Klausur und traf eine mutige, aber selbstbewusste strategische Entscheidung: „Wir wollten die Krise als Chance begreifen und uns den Angreifern stellen“, erläuterte Martin Merchant in seiner Präsentation. Das bedeutete jedoch, dass die Produkte auf Kundenbedürfnisse abgestimmt und konsequent überarbeitet werden mussten. Das Marktforschungsbudget wurde um 70% angehoben, wodurch umfangreiche und exakte Kundenwünsche und Marktbedürfnisse ermittelt wurden. Die Zielgruppe wurde um 60% erweitert und beinhaltete nun auch Frauen und Anwender, die gerne dekorieren, umbauen und renovieren bzw. basteln. In der Positionierung als Preis-Premium Anbieter mit innovativer Technologie für die Produktsortimente Do-it-yourself (DIY), Zubehör-/Ersatzteile, Messtechnik und Gartengeräte wurde festgeschrieben, dass kein Bosch Elektrowerkzeug weniger als 49 € kosten darf. Besonders mutig war die Entscheidung, da zu dem Zeitpunkt keine Gewinne im DIY-Segment erwirtschaftet wurden und die Wettbewerber allesamt günstiger waren.

Die Formensprache wurde nach ergonomischen Gesichtspunkten definiert, während auf extreme Handlichkeit geachtet wurde. Bei den Akkus setzte man auf innovative Lithium-Ionen Technologie, die Selbstentladung verhinderten und so auch nach wochenlanger Lagerung volle Leistungen vorhielten, wenn das Gerät zum Einsatz kommen sollte. Der kleinste Akkuschrauber wurde speziell auf die Bedürfnisse von Frauen ausgerichtet und in einer Keksdose aus Aluminium zum Kauf angeboten. Saisonbedingt war die Verpackung fix und fertig inkl. Schleife als Geschenk konzipiert und fand rege Abnahme. Heute ist der IXO – so der Produktname – mit über 7 Mio. Einheiten der meistverkaufte Akkuschrauber der Welt. Neben der Keksdose wurden alle Verpackungen im Design verändert und inzwischen mehrfach mit begehrten red dot awards ausgezeichnet.

Am Point of Sale wurden 700 Shop-in-Shop Systeme installiert, die an verkaufsstarken Tagen mit freien Bosch-Beratern besetzt waren. Damit reagierte man auf den Kundenwunsch nach guter Beratung und übersichtlichem Sortiment. Crossmediale Kampagnen und Out-of-home Media unterstützen die strategische Neuausrichtung kommunikativ und sorgten für viele Millionen Kontakte. Imagekampagnen Publikumszeitschriften sorgten für zusätzliche Zielgruppenansprache.

Auch eine Juniorlinie mit Miniaturgeräten für das Kinderzimmer wurde auf den Markt gebracht, über die Kinder bereits früh mit der Marke in Berührung kommen können. Bosch spielte die gesamte Marketingklaviatur, wie sie im Lehrbuch zu finden ist und achtete auf die saubere Positionierung der einzelnen Produktsortimente und perfekte Preispolitik.

Über 90% der Umsätze werden heute im Ausland erwirtschaftet, was die extrem starke Marktposition im globalen Wettbewerb erkennen lässt. 36% des Umsatzes werden dabei mit Produkten erwirtschaftet, die jünger als 24 Monate sind. Als Ergebnis der neuen Ausrichtung beträgt der Zeitrahmen für Produktentwicklungen heute 12 statt 24 Monate, wobei die neuen Produkte den jeweiligen Vorgängern deutlich überlegen sind und so zum Kauf anregen.

Die Anwesenden Mitglieder und Gäste erlebten eine außerordentlich professionelle Präsentation durch Hr. Merchant und hatten im Anschluss daran 45 Minuten Zeit Fragen an ihn zu richten. Der Abend klang denn auch erst gegen 22.30 Uhr bei kleinen Häppchen und kühlen Getränken entspannt aus.

Vielen Dank noch einmal an Hr. Merchant, die Firma Bosch und das Team des Charles Hotel, welches einen sehr angenehmen Rahmen für die Veranstaltung geschaffen hatte.

Norbert Gierlich